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Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Applaus für eine hörenswerte Interpretation

Burkhard Sauerwald

Das ,Jerusalem Quartett' ist den Kammermusikfreunden im Konzerthaus noch in guter Erinnerung: Im Rahmen einer Zeitinsel spielte das Ensemble sämtliche Streichquartette von Dmitri Schostakowitsch. Auch am Freitag gab es ein Quartett des russischen Komponisten zu hören: Die Nr. 4, sein Opus 83, gestalteten die vier weltweit aktiven Künstler in einer beeindrucken Interpretation.

Für Schostakowitsch war das Komponieren von Streichquartetten eine private Angelegenheit - abseits von den Zwängen der stalinistischen Kulturpolitik. Intensive Klänge wählten Alexander Pavlovsky, Sergei Bresler (Violine), der Bratscher Ori Kam und Kyril Zlotnikov (Cello), indem sie sich ernsthaft mit dem Material auseinandersetzten und so etwa die Trauerklage des Andantino in eindringlicher Weise ausgestalteten. Danach wirkten die vom Cello vorgestellten Themen des dritten Satzes fast banal - doch das Quartett vermeidet konsequent das Gefällige und allzu Glatte. Individualistisch sind die Spielweisen, wenn einer der vier hervortritt, und das mit Absicht, denn wenn es angebracht ist, können die Musiker auch in perfekter Ebenmäßigkeit spielen. Schostakowitsch wählte als Grundlage für den Finalsatz jüdische Melodien, bei denen die Musiker eine meisterhafte Verbindung von intellektuellem Zugriff und musikantischer Freiheit fanden. Auch das Streichquartett Nr. 3 von Johannes Brahms kann man deutlich harmloser aufführen. Schon der Kopfsatz wurde gegen den Strich gebürstet, mjt beinahe überbetonter Synkopen-Rhythmik. Wie sehr die Musiker die Kommunikation untereinander während des Spiels beherrschen, konnte auch bei Brahms bewundert werden: Allein die kunstvoll zusammengesetzten Schlussakkorde der Sätze waren hörenswert. Nach dem abschließenden "Poco Allegretto" mit einer wunderschönen Pizzicato-Variation war der Applaus im gut besuchten Saal groß.

January 30, 2012

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